Evangelische Kirchengemeinde Reiskirchen

Liebe Besucher, wir begrüßen Sie ganz herzlich im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Reiskirchen auf dieser Seite. Der Kirchenvorstand hatte sich schweren Herzens dazu entschlossen, die geplanten Präsenzgottesedienste aus der Verantwortung für die Gesundheit der Menschen und in Anbetracht des hohen Inzidenzwertes in Reiskirchen bis Ende April abzusagen. Sie fanden den Predigttext zum jeweils aktuellen Sonntag auch in gedruckter Form an der Kirchentür zum Mitnehmen. Nun gehen wir es wieder an und für diejenigen, die nicht teilnehmen können, folgen zunächst die Aufnahmen der aktuellen Gottesdienste, beginnend mit dem Gottesdienst zu Pfingsten.

Abendgottesdienst zu Trinitatis
am 30. Mai 2021

Allgemeines

Gottesdienst zum Pfingstsonntag
am 23. Mai 2021

Allgemeines

Predigt zum Sonntag Exaudi
am 16. Mai 2021

Vorspiel / EG 455 Morgenlicht leuchtet

Predigt zum Sonntag Exaudi am 16.Mai 2021

Joh 15,26–16,4: 26 Wenn aber der Tröster kommen wird, den ich euch senden werde vom Vater, der Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht, der wird Zeugnis geben von mir. 27 Und auch ihr seid meine Zeugen, denn ihr seid von Anfang an bei mir gewesen. 1 Das habe ich zu euch geredet, damit ihr nicht abfallt. 2 Sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen. Es kommt aber die Zeit, dass, wer euch tötet, meinen wird, er tue Gott einen Dienst damit. 3 Und das werden sie darum tun, weil sie weder meinen Vater noch mich erkennen. 4 Aber dies habe ich zu euch geredet, damit, wenn ihre Stunde kommen wird, ihr daran denkt, dass ich’s euch gesagt habe. Zu Anfang aber habe ich es euch nicht gesagt, denn ich war bei euch.

Liebe Gemeinde! Aus den Abschiedsreden Jesu stammt dieser Abschnitt. Er spricht von der Lage der Jünger nach der Himmelfahrt. Jesus ist gen Himmel gefahren, das heißt er ist dorthin zurückgekehrt, von woher er in diese Welt gekommen ist. Für die Jünger heißt das aber auch: Er ist nun nicht mehr vor ihren Augen, sie können sich nicht mehr unmittelbar auf ihn stützen, ihn nicht mehr direkt fragen. Und das wiederum heißt: Alle, die zu ihm gehörten, denen er wichtig und zum Lebensinhalt geworden ist, stehen nach diesem Abschied erst einmal verlassen da. Auf eigenen Füßen müssen sie nun stehen, ohne die vertraute liebevolle Hilfe und Begleitung – das fällt ihnen nun unendlich schwer.

Es gibt ja auch keine Unterstützung von einer Gemeinde, kein Gehaltenwerden durch sie, das Gegenteil wird geschehen sagt Jesus: sie werden euch aus der Synagoge ausstoßen … Und als ob es nicht ausreichte, verlassen und isoliert zu sein – hier wird vorausgesagt, dass es lebensgefährlich sein wird, Christi Jünger zu sein. Eine solche Verfolgung mit der Gefahr getötet zu werden kennen wir zum Glück in unserer westlich geprägten Welt so nicht, wir hören davon aber regelmäßig in Nachrichten aus vermeintlich weit entfernten Ländern. Bei uns geschieht aber etwas nach meiner Wahrnehmung ebenso Gefährliches, was erst einmal nicht den Körper, sondern den Glauben an sich, den Halt und das Ziel unseres Lebens betrifft. Denn es gibt bei uns durchaus negative Bewegungen gegen den Glauben, nur dass sie heutzutage viel subtiler sind als offene Gewalt oder Repressalien. Und das hat auch schon Folgen: so sehr, dass sich nur noch wenige trauen, sich offen und öffentlich zu ihrem Glauben zu bekennen.

Wenn etwa die Freundin oder der Freund kommt und fragt ob man am Sonntag Morgen mitkommen will zum Flohmarkt, zum Verkaufsoffenen Sonntag oder dem Fußballtournier … wer dann antwortet, dass er nicht mitkommt, weil er in dieser Zeit lieber zum Gottesdienst geht fällt schon negativ auf, wird im besten Fall belächelt … es ist eine desinteressierte Gleichgültigkeit, die das Christsein bei uns heute bedroht, und die den Wert eines gemeinsamen Gottesdienstes verkennen und sogar missachten lässt.
Das Wort desinteressiert, heißt ja nicht einfach nur kein Interesse, sondern eher: …ich will davon nichts hören, laß mich damit bloß in Ruhe! Und Gleichgültigkeit heißt ja, dass alles die gleiche Gültigkeit, alles denselben Wert habe. Und dann ist der Flohmarkt oder das Shopping am Sonntag eben genauso wichtig wie ein Gottesdienst, oder im Sinne des Desinteresses noch viel wichtiger.

Die Inhalte unseres Lebens werden damit beliebig und dann ist es etwa fast zwingend egal, womit ich mein Geld verdiene, ob anständig oder unredlich auf Kosten anderer, Hauptsache ich kann meine kostbare Freizeit finanzieren. Es hängt alles nur von Lust und Laune, von Geschmack und Neigung ab. Jeder für sich und Hauptsache ich selbst habe genug. Also geht die aktuelle Stimmung, oder der Zeitgeist, wie auch immer wir es nennen ganz oft gegen das, was vor 2 Generationen noch als grundlegende Tugend galt, als Maß an dem alle ihr eigenes Tun zu messen hatten. War das denn wirklich alles so falsch? Waren die Altvorderen so viel dümmer als wir heute? Gibt es denn wirklich ein Leben in dem man sich nur amüsieren, und zerstreuen kann? Ich denke, wir wissen alle, daß es gar nicht funktionieren kann! Denn es gibt kein menschliches Leben ohne Schmerz und Leid, ohne Angst und Selbstzweifel.

Seelsorgerlich betrachtet ist Gleichgültigkeit dann immer nur die Flucht bzw. Resignation vor dieser Wahrheit. Wirtschaftlich gesehen ist es aber die Möglichkeit durch noch mehr Konsum mehr Profit zu machen – und darum wird diese Gleichgültigkeit ja auch durch die Medien vorangetrieben! Dabei spüren wir in stillen Augenblicken, daß solche Gleichgültigkeit uns vieles nimmt, ja zerstört. Sie läßt keine wirkliche Lebendigkeit aufkommen, keine Begeisterung, kein Engagement, keine Entschiedenheit. Und ohne das finden wir auch nicht die Wahrheit für und in unserem Leben.

EG 136 O komm, du Geist der Wahrheit

Gegen ebendiese Gleichgültigkeit, Hoffnungs- und Perspektivlosigkeit verheißt Jesus den Seinen hier, den Geist der Wahrheit, den Pfingstgeist. Denn der macht eben lebendig, er begeistert, macht geistvoll im positivsten Sinne und gibt Orientierung.
Dieser Geist der Wahrheit wird hier Tröster genannt. »Trost« ist ein Wort, das heute, in unserem gegenwärtigen Sprachgebrauch nicht sehr gewichtig ist. Wir kennen den billigen Trost, den Trostpreis, der oft Tand und Schund ist, die Vertröstung, oder den Alkohol als Seelentröster. Aber das alles ist ja bloße Ablenkung und ohne eigenes Gewicht. Zur Zeit aber als Martin Luther die Bibel übersetzte, bedeutete Trost etwas Handfestes, bedeutete nämlich soviel wie Festigkeit, Stärke. Das englische Wort »trust«, das »Vertrauen« und »Gewissheit« heißt, ist mit diesem Trost verwandt. Ebenso hat die englische Vokabel für Wahrheit, »truth«, dieselbe sprachliche Wurzel. Und vielleicht könnte uns dabei sogar das ein wenig ähnlich klingende Wort »dreist« einfallen, dreist im Sinne von furchtlos und unerschrocken. Und damit wären wichtige Begriffe, die die Wirkung des Heiligen Geistes beschreiben, beisammen:

Dieser Geist zeigt und lehrt die Wahrheit, die hinter, bzw. über dieser Welt steht; und er ist Tröster, sofern er zu festem und dreistem Vertrauen auf die Gültigkeit und Tragfähigkeit dieser von Gott her kommenden Wahrheit führt. Ja, der Heilige Geist will der Schutzschild gegen unsere Verlassenheit und Angst sein, ist eine Hilfe gegen die Vergeudung unseres Lebens. Wenn wir diesem Geist in uns Gehör schenken, dann wird er uns die Einsicht geben, daß wir uns ja doch gar nicht anpassen müssen an den Zeitgeist wo dieser uns zu Dingen drängt, die uns eigentlich widerstreben. Dieser Heilige Geist befreit und erlöst uns zu uns selbst, weil wir durch Ihn erkennen, daß Gott jede und jeden ganz individuell geschaffen hat und liebt. Dieser Heilige Geist nimmt uns nun nicht aus dieser Welt heraus, auch wenn wir uns das an manchen Tagen noch so sehr wünschen, aber er gibt uns die Kraft und den Mut, auch mit allem, was zu dieser Welt gehört ein erfülltes Leben zu suchen und zu finden. Und bei allem, was in diesem Leben schwierig und traurig sein kann, ist dieser Tröster eben nicht nur für die notvollen und schweren Augenblicke da.

Gewiß, gerade in den schweren Stunden unseres Lebens suchen wir ihn am meisten und spüren wir am deutlichsten, wie er seine Kraft in uns entfaltet. Aber dieser Geist steht uns auch zur Verfügung, in den guten Stunden, gibt uns die Freude und Gelassenheit, die vielen schönen Dinge und Augenblicke, die zu unserem Leben gehören, umso bewußter und fröhlicher zu erleben. Denn in solchen Augenblicken zeigt er uns, wie Gott das Leben für uns ursprünglich gewollt hat, wie es sein soll und wird, je mehr wir frei werden von allen Zwängen und Vorgaben dieser Welt, die nicht aus diesem guten Geist Gottes geboren sind. Und in dieser Erkenntnis finden wir dann auch die Kraft, die wir brauchen, um in einer Welt, zu der leider immer noch Angst und Not gehört zu bestehen, ja trotz allem Schweren getrost zu sein.

Am letzten Sonntag haben wir die Aufforderung und den Zuspruch Jesu gehört: … in der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden. Der mit dem heutigen Text verheißene Tröster, will uns dazu befähigen auch in schwerer Zeit eben noch getrost, ja getröstet zu bleiben und damit die Angst und Not dieser Welt zu überwinden.

AMEN!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen gesegneten Sonntag.
Ihr Bert Schaaf, Pfr.

EGplus 112 Wir haben Gottes Spuren festgestellt / Nachspiel

Predigt zum Sonntag Rogate
am 09. Mai 2021

Vorspiel / EG 499 Erd und Himmel sollen singen

Text: Joh 16,23b–28,[29–32],33: 23 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben. 24 Bisher habt ihr um nichts gebeten in meinem Namen. Bittet, so werdet ihr empfangen, auf dass eure Freude vollkommen sei. 25 Das habe ich euch in Bildern gesagt. Es kommt die Stunde, da ich nicht mehr in Bildern mit euch reden werde, sondern euch frei heraus verkündigen von meinem Vater. 26 An jenem Tage werdet ihr bitten in meinem Namen. Und ich sage euch nicht, dass ich den Vater für euch bitten werde; 27 denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin. 28 Ich bin vom Vater ausgegangen und in die Welt gekommen; ich verlasse die Welt wieder und gehe zum Vater. 33 Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

Liebe Gemeinde,

In der Welt habt ihr Angst, aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden?

Ob dieser Satz die Jünger wohl trösten konnte? Es ist zu vermuten, dass sie zunächst verunsichert waren. Jesus kündigt in den vorherigen Worten an, daß er sterben und auferstehen muß, damit Gottes Heilswillen für alle Menschen, die IHM vertrauen, war werden kann. Die Jünger ahnen mehr, was Jesus meinen könnte, als daß sie verstehen was ER sagt, so gib Jesus ihnen einen weiteren Hinweis. Er sieht Sorge und Angst ihre Schultern drücken und spricht sie darauf an:

Ich weiß, ihr habt wohl Angst vor dem was kommen wird.

Und die Junger spüren: ER sieht und kennt mich genau und ER versteht auch was und wie in mir vorgeht. Das ist dann die Grundlage dafür, daß sie ihm vertrauen und sich bei ihm geborgen fühlen, daß sie daraus Kraft und Mut schöpfen, selbst wenn sie nicht immer verstehen, was ER ihnen sagt. So war es damals, aber wie ist es heute? Auch wir haben Angst in dieser Welt, fühlen uns bedrängt von wachsenden Aufgaben, die wir immer weniger verstehen. Und es sind oft gar nicht die großen Kümmernisse, die niederdrücken, sondern die vielen kleinen Sorgen. Schaffe ich, was ich mir vorgenommen habe? Ist es richtig, was ich tue, oder lasse ich es besser? Es sind auch aktuell die Herausforderungen des Alltags die uns auf verschiedenste Weise bedrängen: da ist etwa die aktuelle Einschränkung unseres gewohnten Lebens – wir dürfen uns nicht mehr so mit Freunden und Freundinnen treffen, wie wir es bräuchten – das setzt vielen zu, sie leiden unter Vereinsamung. Viele treibt auch die Sorge um ihr Auskommen in eine tägliche Zukunftsangst, wie wird es sich mit meiner Arbeit entwickeln, oder werde ich überhaupt wieder in meinem Beruf arbeiten können. Wie bezahle ich meine Miete, mein Essen, bekomme ich den aufgenommenen Kredit finanziert oder ist dann mein Haus, mein Zuhause für das ich ihn aufgenommen habe einfach weg? Und ganz schlimm wird es dann wenn auch noch Krankheit uns betrifft, uns selbst oder auch einen geliebten Menschen. Soll er wirklich in Krankenhaus gehen? Unter diesen Umständen, wo es keine Möglichkeit gibt ihn zu besuchen und ihm zur Seite zu stehen, wo auch ein überlastetes Krankenhauspersonal keine Zeit mehr hat für ein Gespräch und ein tröstendes Wort? In der Welt habt ihr Angst … ja ich gehe davon aus, recht viele unter uns können diese Worte bestätigen, wir haben Angst vor vielem und fühlen uns dem allem hilflos ausgeliefert.

Nun ist mir in den letzten Monaten aufgefallen, daß ich selber, viel öfter als in den Jahren davor in seelsorgerlichen Gesprächen gesagt habe: … wir können nur noch beten! … Und das ist dann auch ein Ausdruck meiner eigenen Hilflosigkeit, heißt dann: ich würde Dir ja so gerne helfen, aber ich vermag es nicht aus meiner eigenen Kraft, ich kann es nur weitergeben an den, der über allem steht und von dem Jesus hier sagt:

denn er selbst, der Vater, hat euch lieb, weil ihr mich liebt und glaubt, dass ich von Gott ausgegangen bin.

Nun ist das auch wieder eine wunderbare aber nicht ganz leicht zu verstehende Zusage, gerade in Verbindung mit der Verheißung, daß dieser Vater unsere in Jesu Namen gesprochen Bitten erfüllt. Wenn ich in einer früheren Predigt die Geschichte von dem Jungen erzählt habe, der nach dem Kindergottesdienst mit dieser Geschichte abends um ein Päckchen Angelhaken betet und sich am nächsten Nachmittag aufgebracht beim Pfarrer beschwert, daß er immer noch keine hat – dann haben viele im Gottesdienst zumindest geschmunzelt, vielleicht sogar gelacht … Wenn im Augenblick aber Menschen beten, daß sie doch schnell wieder ihr Geschäft aufmachen möchten, oder für einen lieben Menschen, daß er nicht krank wird, und er wird es doch, dann vergeht uns alles Schmunzeln. Wie haben wir aber diese Zusage Jesu dann zu verstehen?

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wenn ihr den Vater um etwas bitten werdet in meinem Namen, wird er’s euch geben.

EG 369 Wer nur den lieben Gott lässt walten

Einen weiteren Hinweis zu dieser Frage finde ich im letzten Vers des heutigen Textes:

Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

… damit ihr in mir Frieden habt … – darum geht es – wir sind in dieser Welt und auch mit allen unseren Gebeten bleiben wir in ebendieser Welt und zu dieser Welt gehören dann leider auch Not und Angst, Krankheit und Tod. Diesen Tod aber hat Jesus Christus für uns überwunden, das bedeutet dann auch wenn unser Leben in dieser Welt endet, besteht es bei Gott weiter und in diesem Wissen können und sollen wir Frieden finden. Das hört sich nun erst einmal kompliziert an und leider auch ein gutes Stück weit nach einer Vertröstung, die sagt: erst bei Gott, nach unserem Tod wird alles gut werden. So als würde sich Gott einfach nicht bei den Dingen dieser Welt einmischen und wir könnten nur abwarten und gar nichts tun. So ist es aber wohl nicht zu verstehen, denn dann könnten wir uns ja alles Bitten in dieser Welt sparen und einfach nur abwarten, daß diese Welt endlich vergeht. Wir dürfen und sollen aber bitten mit aller Zuversicht die aus dem Versprechen Jesu hier im Johannesevangelium wächst, denn unser Vater im Himmel hört nicht nur all unser Bitten, ER greift, um dieser Bitten willen, durchaus auch ein in diese Welt und manchmal sogar gegen diese Welt.

Ich weiß um viele Menschen, die solch wunderbare Erfahrungen der Gebetserhörung gemacht haben. Erfahrung einer wunderbaren Bewahrung, Erfahrungen von neu geschenkter Kraft in auswegloser Situation, bis hin zu Heilungen, die gegen jede Erkenntnis der Medizin geschehen sind. Und auch wenn dann ein verzweifelt gegen den Tod ankämpfender Mensch durch das Gebet den Mut und die Kraft findet in wirklichem Frieden zu sterben, kann dies nicht nur eine besondere Gnade sein, sondern auch eine wunderbare Gebetserhörung, die deutlich über diese Welt hinausweist. Jesus weiß: wir haben Angst in dieser Welt und ich denke, daß keiner von uns diese Angst verleugnen kann. Aber weil Gott in Jesus diese Welt für uns überwunden hat, können wir auch schon zu unseren Lebzeiten diese Welt und mit ihr auch unsere Angst überwinden. So können und dürfen wir diesen Vater, der uns liebt um alles bitten, was uns bedrückt, bedrängt und ängstigt in dem Vertrauen, daß ER das bestmögliche Im Sinne dieser Bitten für uns tun wird. Das eine Mal mit und in den Vorgaben dieser Welt und ein andermal auch gegen alles was dieser Welt Wahrheit scheint. Auf jeden Fall aber immer aus SEINER Liebe zu uns und zu unserem Besten. Wenn wir darauf vertrauen, dann werden wir in unserem Gebet nicht nur getröstet den Frieden finden welchen Christus uns verspricht, sondern werden auch mit IHM diese Welt überwinden, die uns so viel Angst bereitet. So wie Jesus Christus spricht:

Dies habe ich mit euch geredet, damit ihr in mir Frieden habt. In der Welt habt ihr Angst; aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.

AMEN!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen gesegneten Sonntag.
Ihr Bert Schaaf, Pfr.

EG 364 Was mein Gott will, gescheh allzeit

Predigt zum Sonntag Kantate
am 01. Mai 2021

Vorspiel / EG 501 Wie lieblich ist der Maien

Joh 14, 1-14: 1 Euer Herz erschrecke nicht! Glaubt an Gott und glaubt an mich! 2 In meines Vaters Hause sind viele Wohnungen. Wenn’s nicht so wäre, hätte ich dann zu euch gesagt: Ich gehe hin, euch die Stätte zu bereiten? 3 Und wenn ich hingehe, euch die Stätte zu bereiten, will ich wiederkommen und euch zu mir nehmen, damit ihr seid, wo ich bin. 4 Und wo ich hingehe, den Weg wisst ihr. 5 Spricht zu ihm Thomas: Herr, wir wissen nicht, wo du hingehst; wie können wir den Weg wissen? 6 Jesus spricht zu ihm: Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater denn durch mich. 7 Wenn ihr mich erkannt habt, so werdet ihr auch meinen Vater erkennen. Und von nun an kennt ihr ihn und habt ihn gesehen. 8 Spricht zu ihm Philippus: Herr, zeige uns den Vater und es genügt uns. 9 Jesus spricht zu ihm: So lange bin ich bei euch und du kennst mich nicht, Philippus? Wer mich sieht, der sieht den Vater! Wie sprichst du dann: Zeige uns den Vater? 10 Glaubst du nicht, dass ich im Vater bin und der Vater in mir? Die Worte, die ich zu euch rede, die rede ich nicht von mir selbst aus. Und der Vater, der in mir wohnt, der tut seine Werke. 11 Glaubt mir, dass ich im Vater bin und der Vater in mir; wenn nicht, so glaubt doch um der Werke willen. 12 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an mich glaubt, der wird die Werke auch tun, die ich tue, und er wird noch größere als diese tun; denn ich gehe zum Vater. 13 Und was ihr bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun, damit der Vater verherrlicht werde im Sohn. 14 Was ihr mich bitten werdet in meinem Namen, das will ich tun.

Liebe Gemeinde!

Der heutige Text aus dem Johannesevangelium weist uns darauf hin, daß unser Leben ein Ziel hat, ein Ziel für jeden Tag dieses Lebens und ein Ziel, das über dieses Leben hinausreicht. Der Text fasst das in ein schönes Bild: In Gottes Haus sind für uns Menschen viele Wohnungen durch Jesus Christus bereitet. Das gilt in seiner Vielfältigkeit schon für unser Leben hier auf der Erde, wo dann, wenn Menschen nach Gottes gutem Wort leben, jeder und jede sein passendes Zuhause finden soll und es gilt noch mehr für unser kommendes Zuhause, dass Gott uns nach dem Tod schenken will. Das lässt sich nun im alltäglichen Leben viel schwerer umsetzen, als es sich in einer Predigt aussprechen lässt.
Die alltägliche Welt um uns herum konfrontiert uns mit so viel Schrecken und Unsicherheit, dass wir im Laufe eines Lebens mehr wie einmal denken, nun geht es nicht mehr weiter, dass schaffe ich nicht mehr. Doch auch darum weiß Gott, in Jesus hat ER unser Leben geteilt und all dies am eigenen Leibe in der eigenen Seele erfahren, darum beginnt er diese Rede ja auch mit den Worten:

Euer Herz erschrecke nicht … ja ich weiß, es gibt so vieles, was euch Angst und Schrecken einjagen kann, aber bitte vertraut auf Gott, vertraut auf das was ich euch von IHM nahe bringe. Verlasst euch darauf, dass ihr ein Zuhause bei Gott habt, ein ewiges Zuhause, eine Wohnung, die auch dann noch da ist, wenn alle Häuser dieser Welt eingestürzt sind. Und in diese Wohnung findet ihr den Weg, wenn ihr mir, meinen Worten, meiner Lebensweise nachfolgt. Das ist in dieser Welt nicht immer einfach, aber es wird euch zur eigentlichen Wahrheit dieses Lebens führen und damit zum Leben selbst. Ich bin der Weg; die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich

Nun ist dieser Weg ebenso wie diese Wahrheit und dieses Leben von dem Jesus spricht nicht notwendig identisch mit dem, was wir an Wegen, Wahrheiten und auch Leben in dieser Welt wahrnehmen. Aber gerade das macht den besonderen Wert dieser Worte aus, gerade in einer Welt in der es dann eben doch jeden Tag verschiedene Wahrheiten zu geben scheint. So wird uns etwa seit Beginn der Pandemie ständig Verschiedenes als Wahrheit verkauft und damit werden dann unterschiedliche Wege als Folge dieser Wahrheiten angepriesen. Und anders als etwa bei der Frage warum Adi Hütter seinen Trainerjob bei Frankfurt aufgibt und nach Gladbach wechselt – wozu auch verschiedene Wahrheiten verkauft werden – trifft uns die Frage nach der Wahrheit und dem richtigen Weg durch die Pandemie viel existentieller, weil es unser Leben betrifft. Ist es richtig sich alleine nach den Inzidenzwerten zu richten? Welche Folgen hat der Lock-Down für die Menschen und welche Folgen stehen für uns bei einer zu frühen Öffnung an? Welches Ziel verfolgen die Maßnahmen und geht es dabei auch um mich selbst als individuellen Menschen, oder stehen andere Interessen hinter dem, was uns in den Medien als Wahrheit verkündet wird? Hier spüren wir, daß unzureichende Wahrheiten, die dann auf falsche Wege führen auch unser eigenes Leben betreffen, ja vielleicht sogar in Gefahr bringen. Und ganz schwierig wird es dann, wenn wir spüren, daß manche dieser Wahrheiten, die uns da verkauft werden sollen auch noch andere Ziele haben, anderen Zwecken dienen, als dem Wohlbefinden der Menschen und deren Gesundheit. Erschreckend finde ich es dann, wenn der nachvollziehbare Unmut von Menschen über die Kontaktbeschränkungen von einigen Parteien ausgenutzt wird, um mit der entsprechenden Selbstdarstellung als Retter der Grundrechte Stimmenfang zu betreiben … Und der einzelne Mensch der nicht darauf hereinfällt fragt sich dann, ob es überhaupt noch eine durchgängig gültige Wahrheit gibt, die allen Menschen dient und nicht nur denen, die versuchen sich die Wahrheit zu eigen zu machen?

Euer Herz erschrecke nicht, glaubet an Gott und glaubet an mich – ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben, niemand kommt zum Vater denn durch mich

Und doch, Ja – es gibt eine Wahrheit, die über all die wechselnden menschlichen Wahrheiten hinausreicht, weil sie eben nicht alleine in dieser Welt ihren Ursprung hat, sondern in Gott, in seiner Liebe und in seiner Ewigkeit. Und diese Wahrheit heißt: wir haben einen liebenden Vater im Himmel, der über uns wacht und für uns sorgt, der möchte, daß wir alle ein möglichst erfülltes und gutes Leben finden. Dafür hat ER uns die Gebote gegeben, daß sie unser gemeinsames Leben zum Guten regeln, und diese Gebote sind ein bißchen wie diese weißen Pfosten rechts und links der Landstraße, sie geben uns einen Rahmen vor innerhalb dessen wir uns bei Tag und bei Nacht sicher unseren Weg gehen können. Und wir können innerhalb dieses Rahmens sogar ein wenig aus diesem Rahmen heraus, etwa wenn wir auf dem Grünstreifen neben der Straße halten, um Eiligere vorbei zu lassen, oder selber einfach mal anzuhalten, um etwa jetzt die Blütenvielfalt des Frühlings zu genießen. Unser Weg mit diesen Geboten ist also nicht festgelegt wie auf Schienen – er läßt uns alle Freiheit die wir brauchen! Das hat Gott so vorgesehen weil ER weiß, wir Menschen sind alle verschieden und wenn alle über den gleichen Kamm geschoren würden, dann würden immer einzelne oder gar alle Schaden nehmen. Darum betont Jesus auch, daß die Gebote für den Menschen gemacht sind und nicht umgekehrt der Mensch für die Gebote! Das klingt nun auch nicht so eindeutig, wie viele sich die Wahrheit wünschen – aber es gibt da einen ganz wichtigen Unterschied dieser Wahrheit Gottes zu den Wahrheiten dieser Welt – und die Eindeutigkeit liegt in dem Ziel das hinter dieser Wahrheit steht. Und bei Gott heißt dieses Ziel: daß es allen Menschen, jedem Einzelnen so gut wie möglich in seinem Leben gehen soll, daß er so schon jetzt Anteil am ewigen Leben findet und darin erhalten bleibt. Und darum gehört notwendig zu diesem Ziel, daß Gott uns darin beauftragt uns gegenseitig zu helfen, jede und jeder mit seinen eigenen Gaben. Und das eben nicht nur zum eigenen Wohl oder für die, die mir nahestehen, sondern zum Wohle aller! Diese Wahrheit, die wir in der Nachfolge Jesu finden will dann auch das Maß sein, mit dem wir die Wahrheiten dieser Welt messen können und ich denke, daß wir dadurch oftmals entspannter mit all dem umgehen können, was uns so dringlich als absolute Wahrheit verkauft werden soll. Darum muß unser Herz auch in aller Bedrängnis dieser Zeit sich nicht erschrecken, weil wir auf den vertrauen, der für uns der Weg, die Wahrheit und das Leben ist und weil wir daraus die Kraft schöpfen, die wir brauchen um unsere Aufgaben zu bestehen.

AMEN!

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen allen einen gesegneten Sonntag.
Ihr
Bert Schaaf, Pfr.

EG 347 Such, wer da will, ein ander Ziel / Zwischenspiel / EG 286 Singt, singt dem Herren neue Lieder / Orgelnachspiel

Predigt zum Sonntag Jubilate
am 25. April 2021

EG 437 Die helle Sonn‘

Text: Joh 15,1–8: 1 Ich bin der wahre Weinstock und mein Vater der Weingärtner. 2 Eine jede Rebe an mir, die keine Frucht bringt, wird er wegnehmen; und eine jede, die Frucht bringt, wird er reinigen, dass sie mehr Frucht bringe. 3 Ihr seid schon rein um des Wortes willen, das ich zu euch geredet habe. 4 Bleibt in mir und ich in euch. Wie die Rebe keine Frucht bringen kann aus sich selbst, wenn sie nicht am Weinstock bleibt, so auch ihr nicht, wenn ihr nicht in mir bleibt. 5 Ich bin der Weinstock, ihr seid die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht; denn ohne mich könnt ihr nichts tun. 6 Wer nicht in mir bleibt, der wird weggeworfen wie eine Rebe und verdorrt, und man sammelt sie und wirft sie ins Feuer und sie müssen brennen. 7 Wenn ihr in mir bleibt und meine Worte in euch bleiben, werdet ihr bitten, was ihr wollt, und es wird euch widerfahren. 8 Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.

Liebe Gemeinde!
Ein schwieriges Gleichnis ist uns heute als Aufgabe gegeben, schwierig, aber auch schön zugleich. Es ist eines dieser Gleichnisse die bei mir als jungem Menschen Zweifel und sogar ein wenig Angst ausgelöst haben. Bin ich am Ende eine der Reben, die nicht genügend Frucht bringen und deswegen weggetan werden? Gehöre ich gar zu denen die weggeworfen werden und im Feuer brennen? – so hieß der Zweifel und die Angst. Das löste einen Druck aus, der dann die frohe Botschaft, die schon im folgenden Vers kam gar nicht mehr wirklich hören ließ:

Ihr seid schon rein um des Wortes willen, daß ich zu euch geredet habe…

In unserem heutigen Text gibt es also einen heftigen Widerstreit einer uralten Werkgerechtigkeit, die Gott ein menschähnliches Aufrechnen unterstellt und dem „allein aus Gnade werden wir gerecht“ – wie es der Apostel Paulus formuliert und Martin Luther ganz wichtig als Grundlage unseres Glaubens benennt. Dieser Widerstreit zwischen freudiger Zuversicht und Zweifel ist wohl auch seelsorgerlich wichtig zu benennen, denn er ist ein Teil unseres alltäglichen Lebens unseres Empfindens, das uns durch alle Aufgaben die wir tagtäglich zu bewältigen haben begleitet.

Ihr seid schon rein um des Wortes willen, daß ich zu euch geredet habe…

Das ist reine Gnade und Erlösung die uns hier zugesprochen wird – aber mal ehrlich: wie leicht fällt es uns diese Gnade anzunehmen? Nur weil Gott in Christus dieses Wort zu uns gesprochen hat, sollen wir schon rein sein, sollen schon zu denen gehören, die viel Frucht bringen und deswegen von Gott als dem Weingärtner gepflegt werden? Das übersteigt manchmal doch unsere Vorstellungskraft, und ganz besonders dann, wenn wir das Gefühl haben, die alltäglichen Aufgaben doch nicht so bewältigen zu können, wie wir sollten … Dann stellt das Bild der Weintraube so schön wie es ist uns vor manchmal schwierige Fragen: Dann fangen wir an zu vergleichen und zu rechnen: Vielleicht versuchen wir uns dann selbstgefällig als eine volle Traube zu sehen, mit vielen süßen Früchten Oder aber wir sehen uns übermäßig selbstkritisch als eine karge Traube, an der nur wenige trockene oder gar saure Früchte hängen. Je nach Gemütsverfassung oder Lebenssituation kann beides verhängnisvoll sein!?

Dabei geht es in den Bildern, die Jesus hier zeichnet wohl gar nicht um Farbe Form oder Süße der Früchte … wir lesen es zwar allgemein so, aber es geht wohl zuallererst darum woher alle Früchte, die wir bringen können, letztendlich kommen. Der Fehler in unserer Betrachtung des Bildes ist, daß wir uns dann losgelöst von diesem Weinstock sehen, so als müßten wir selbst alleine diese Früchte bringen – dabei kommen sie aus dem Weinstock an dem wir hängen – quasi durch uns hindurch. Es geht also um unsere Verbindung zu Gott, und wenn wir diese haben und aufrechterhalten, dann kommt automatisch die Frucht aus der Kraft dieses Weinstocks. Und welche eine Kraft das ist, wie wohl gewählt dieses Bild ist, das durfte ich vor vielen Jahren einmal selbst erfahren. In meinem ersten Pfarrgarten hatte ich gleich im ersten Jahr zwei Weinstöcke gepflanzt und weil über und nach Weinachten die Arbeit so viel war und, habe ich gedacht ich könnte meine neuen Weinstöcke noch im Februar schneiden. Doch durch den milden Winter richtete sich der Weinstock schon auf das Frühjahr und kaum waren die ersten alten Reben abgeschnitten sprudelte der Rebsaft geradezu aus der Schnittstelle heraus – so stark daß man es mit bloßem Auge fließen sehen konnte. Ich versuchte die Blutung zu stillen, indem ich eine für Baumschnitte gemacht Paste darauf schmierte, doch der Druck aus dem Weinstock war so groß, dass dies sofort wieder abgespült wurde und ich bekam es mit der Angst zu tun um meinen Weinstock. Zum Glück ist er nicht verblutet, hat nur im nächsten Herbst etwas weniger getragen, aber sich wieder erholt. Was ich daraus gelernt habe ist, dass man Wein auf jeden Fall lange vor Beginn der Wachstumsphase schneiden muß und außerdem, dass ein Weinstock über eine unvorstellbare Kraft zum Leben verfügt.

EG 349 Ich freu mich in dem Herren

Darum hat wohl auch Jesus dieses Bild gewählt: ER ist für uns wie ein Weinstock der aus den Tiefen der Erde manchmal noch aus den kärgsten Böden alle erdenkliche Kraft und das Leben hervorholt. Und das, was er dort hervorholt, das behält er nicht für sich, das gibt er mit aller Kraft weiter, damit die Reben und an ihnen die Trauben reifen können. Ja mehr noch aus diesem Weinstock kommt dann auch das Vermögen, die Wärme der Sonne in Süße zu verwandeln, in reife, vollmundige Früchte, die auch noch anderen, außerhalb dieser Rebe etwas von diesem Leben von dieser Freude weitergeben. Ohne diese Kraft, die aus dem Weinstock kommt kann die Rebe all das nicht vollbringen. Wir könnten sie vielleicht auch abschneiden und in ein Glas mit Wasser stellen, sie würde wohl nicht gleich verwelken, aber ihre eigentliche Frucht könnte sie nicht mehr bringen. So ähnlich können und dürfen wir das wohl auch auf unser Leben, die Art und Weise wie wir es führen und wie es uns in unserem tiefsten Inneren damit geht annehmen.

Gewiß können Menschen sich mühen ohne ihren von Anfang der Welt gegebenen Ursprung zu leben und es hat schon immer Menschen gegeben die es versucht haben. Ob sie damit aber die ursprüngliche Fülle des Lebens gefunden haben, wage ich zu bezweifeln, selbst wenn manchesmal die äußerliche Fülle ihrer Früchte überrascht. Über deren Inhalte, ob süß, sauer oder gar bitter möchte, kann und brauche ich zum Glück kein Urteil abgeben. Aber, um in diesem Bild zu bleiben, ich weiß von vielen Menschen, die ihr Leben auf diesen Weinstock gegründet haben, die daraus Kraft und Fülle schöpften und reiche Frucht getragen haben. Manche auch dabei, deren Früchte äußerlich betrachtet eher klein und unscheinbar wirkten, doch wenn man sie genau betrachten und kosten durfte umso geschmackvoller und reicher waren. So ist es wohl zu verstehen wenn Christus spricht: Wer in mir bleibt und ich in ihm, der bringt viel Frucht. Darin wird mein Vater verherrlicht, dass ihr viel Frucht bringt und werdet meine Jünger.
Wie aber funktioniert das mit dem in IHM bleiben?

Es geht um Vertrauen! Vertrauen darauf, daß Gott für uns in Christus in diese Welt gekommen ist, am Karfreitag gestorben und am Ostersonntag auferstanden, damit unsere Schuld und Unzulänglichkeit von uns genommen ist und wir ein wahrhaftiges, ewiges Leben erhalten. Vertrauen egal was um uns herum geschieht und nicht Rechnen, ob die Zahl der Früchte, die wir gebracht haben, reichen könnte. Ich bin überzeugt, daß Gott auch nicht rechnet, zumindest auf keinen Fall so, wie wir Menschen es tun. Und selbst wenn wir dann immer in Versuchung geraten doch wieder mit dem Rechnen anzufangen, dann dürfen wir uns auf diese Zusage Christi verlassen: Ihr seid schon rein um des Wortes willen, daß ich zu euch geredet habe … Aus solchem Vertrauen fließt der reiche Rebsaft Gottes durch uns hindurch und bringt seine Frucht in Fülle und in Vielfalt, auch wenn wir es manchmal gar nicht wahrnehmen. Darauf dürfen und sollen wir uns verlassen!

Amen.

EG 395 Vertraut den neuen Wegen / Orgelnachspiel

Predigt zum Sonntag Misericordias Domini
am 18. April 2021

Der Herr ist mein Hirte / C.Tambling, Aufnahme von 2015

Text: Joh 10,11–16[27–30]
11 Ich bin der gute Hirte. Der gute Hirte lässt sein Leben für die Schafe. 12 Der Mietling aber, der nicht Hirte ist, dem die Schafe nicht gehören, sieht den Wolf kommen und verlässt die Schafe und flieht – und der Wolf stürzt sich auf die Schafe und zerstreut sie –, 13 denn er ist ein Mietling und kümmert sich nicht um die Schafe. 14 Ich bin der gute Hirte und kenne die Meinen und die Meinen kennen mich, 15 wie mich mein Vater kennt und ich kenne den Vater. Und ich lasse mein Leben für die Schafe. 16 Und ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem Stall; auch sie muss ich herführen, und sie werden meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte werden.

Liebe Gemeinde!
Unsere Vorfahren haben den zweiten Sonntag nach Ostern den »Sonntag vom Guten Hirten« genannt. In den Lesungen dieses Sonntags und auch in unserem Predigttext tritt der an Ostern auferstandene Jesus als der gute Hirte in unsere Mitte, um uns alle dahin zu bringen, wo es uns gut geht. Der gute Hirte und seine Schafe – das ist ein wunderbares, starkes Bild. Aber es ist uns heute etwas fremd geworden. Es kommt ja nur selten vor, dass wir draußen einem Hirten mit seiner Herde begegnen, und es gibt inzwischen viele Menschen, die noch nie ein Schaf gestreichelt haben. Das war im Land der Bibel zur Zeit Jesu ganz anders.
Machen wir einmal eine kleine Zeitreise, rund 2000 Jahre zurück, eine Reise in das Hügelland von Galiläa. Dünn besiedelt war das Land damals, einsam und still ist es in den Bergen. Aber mitten in dieser Einsamkeit kann einem plötzlich eine Herde begegnen. Wir gehen näher auf sie zu und haben bald viel Grund zum Staunen: die Herde ist nicht sehr groß, kaum dreißig Tiere mögen es sein, und die Hirten sind keine bärtigen Männer, sondern Knaben: Schimón ist 15 Jahre alt, Jonathan 14, und Jossele, der Kleinste, ist eben 12. Schimón und Jonathan sind Brüder, Jossele ist ihr Cousin. Sie haben ihre Schafe zusammengetan und hüten die beiden kleinen Herden gemeinsam. So geht es einfacher. Stolz zeigen sie uns ihre Tiere. Ja, wer ein rechter Hirte ist, ist stolz, unglaublich stolz auf jedes seiner Schafe. Und auch wenn ihre Art rau erscheint, sie gehen sehr sorgsam mit diesen Tieren um, weil sie wissen, dass am Wohl dieser Herde, jedes einzelnen Tieres, auch ihr eigenes Wohl und das ihrer Familie hängt. Und so geben sie sich redlich Mühe alles zu geben, was diese Tiere brauchen:
Gutes, möglichst frisches Gras, Wasser, schattige Ruheplätze, und vor allem: Schutz gegen wilde Tiere. Ja, diese Jungen sind erstaunlich kompetent. Aber das ist kein Wunder: Sie wachsen ja mit den Tieren auf und leben Tag und Nacht auf engstem Raum mit ihnen zusammen. Es gibt ja auch kaum einen Haushalt, der nicht wenigstens ein paar Schafe hätte, und es gibt kaum einen erwachsenen Mann, der als Junge nicht wenigstens für eine gewisse Zeit Schafe gehütet hat. Aus dieser damals sehr alltäglichen Welt kommen die Worte und Bilder zu uns, mit denen Jesus hier vom Grund seines Kommens in diese Welt spricht:

Ich bin der gute Hirte.
Ich kenne die Meinen
und bin bekannt den Meinen.
Ich lasse mein Leben für die Schafe.

Am Anfang steht das Wort »Ich«, und es ist kräftig betont: Ich bin der gute Hirte, ich, und nicht diejenigen, die Jesus als »Mietlinge« bezeichnet. Das gab es nämlich zur Zeit Jesu: Lohnarbeiter, die von reichen Leuten für ihre großen Herden mit dem Hirtendienst betraut wurden. Aber sie hatten einen schlechten Ruf. Sie machten ihren Job, oft mehr schlecht als recht; sie hüteten ja nicht ihre eigenen Tiere, und mit dem, was einem nicht selbst gehört, gehen die meisten Menschen nicht so pfleglich um wie mit dem Eigenen. Mietlinge – bei dem Versuch diesen alten Begriff in unsere heutige Zeit zu übertragen fällt mir ein modernes, aber schwer zu fassendes Berufsbild ein. Sie nennen sich Lebensberater, Krisenmanager, Finanzberater, Erfolgsgaranten, Nannys, Coaches und vieles andere mehr. Nicht alle, aber sehr viele sind die Lebensbeglücker, die Heilsprediger, die eine Herde eben nur hüten, weil und solange etwas für sie dabei herausspringt. Ihre Werbespots machen mit Bildern von einer sorglosen und glücklichen Zukunft deutlich, daß sie nur unser Bestes wollen, was dann aber letztendlich nur unser Geld ist, und das wollen sie für sich alleine, auch wenn die Werbung es anders darstellt. Was wir darin hören ist nicht die Stimme eines guten Hirten! Für einen Mietling besteht die Menschheit aus Kunden und Klienten, aus Humanmaterial, aus dem man das Äußerste herausholen muss – zum eigenen Nutzen, versteht sich. Für den guten Hirten aber geht es allemal um geliebte Menschen, die es gut haben sollen und die nichts so nötig brauchen wie einen, der es gut mit ihnen meint.

EGplus 86 Der Herr, mein Hirte

Dieser gute Hirte kennt die Seinen; er ist vertraut mit ihnen und weiß, was sie brauchen. Er weiß es, er spürt es, er fühlt es und ER weiß auch was wir können, traut uns einiges zu, ja fordert uns manchmal, aber übertreibt es nicht!
Das ist übrigens ein wunderschönes deutsches Wort: übertreiben: Ursprünglich kommt es aus der Hirtensprache und meint, dass ein schlechter Hirte seiner Herde zuviel zumutet. Er übertreibt seine Tiere: vor allem die Schwächeren in der Herde können dann Schaden nehmen. Und auch wenn dann der Weg zum nächsten Futterplatz, zur nächsten grünen Aue manchmal weit und mühsam scheint – wir bekommen auch auf diesem Weg alles, was wir brauchen. Zu dem, was wir brauchen wäre viel zu sagen; ein paar Stichworte sollen aber jetzt genügen:

Ich brauche freundliche Aufmerksamkeit und Zuwendung, eine Stimme, die voll Güte zu mir spricht. Ich brauche Zärtlichkeit in Worten und Gebärden, denn ohne Zärtlichkeit werde ich unweigerlich verwahrlosen. Ich brauche Ermunterung und Ermutigung, besonders auf den langen Wegen durch die trockene Halbwüste, die es ja manchmal auch in meinem Leben gibt. Ich brauche heilsame Herausforderungen, an denen ich wachsen kann, gut dosiert, nicht zu schwer und nicht zu einfach. Und manchmal brauche ich auch ein tadelndes Wort.

Tadel? Da schrecken wir auf und spüren Widerstand. Tadel? Ja, aber das ist nicht entmutigendes Schimpfen, das mir den letzten Lebensmut nimmt, sondern ein Tadel, der im Klartext sagt: Du, du kannst es besser! Und nun mach es auch gefälligst so gut, wie du es heute kannst! Dieses tiefe Vertrautsein des guten Hirten mit jedem einzelnen seiner Schafe, das Wissen um die Stärken, aber auch die Schwächen von jeder und jedem unter uns macht das Besondere, das Einzigartige an dieser Beziehung von Gott zu uns Menschen aus.

Es kommt aus seiner Liebe zu uns, die nur ein einziges Ziel verfolgt, für jeden Einzelnen, mit seinen Stärken und Schwächen, den bestmöglichen Weg durch dieses irdische Leben hin zum ewigen Leben zu ermöglichen. Und dafür gibt ER sein Bestes, sein Letztes, sein Äußerstes, sein ganzes Leben. Darum ist ER auch in den finstersten Tälern meines Lebens sicher an meiner Seite, darum deckt ER mir einen Tisch auch noch im Angesicht meiner Feinde.

ER schenkt mir nicht ein wie die Welt es tut, aber trotzdem, ER schenkt mir voll ein, so daß auch durch die finsteren Täler mir noch Gutes und Barmherzigkeit folgen, so daß ich wissen darf: Ich werde bleiben im Hause des Herrn immerdar.
Amen.

EG 274 Der Herr ist mein getreuer Hirt und Orgelnachspiel

Predigt zum Sonntag Quasimodogeniti am 11. April 2021

Orgelvorspiel und EG 102
Jesus Christus, unser Heiland

Joh 20, 19-29
19 Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch! 20 Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen. 21 Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. 22 Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den Heiligen Geist! 23 Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten. 24 Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. 25 Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben. 26 Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch! 27 Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! 28 Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott! 29 Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Liebe Gemeinde!
Das Johannesevangelium ist viel später geschrieben worden als die drei anderen Evangelien und der Schreiber dieses Evangeliums blickt auf schon zwei Generationen christlichen Gemeindelebens zurück. Damit sind ihm die Fragestellungen und Probleme dieser Gemeinden auch viel mehr geläufig und er versucht wohl in seinem Evangelium darauf einzugehen. Das tut Johannes auch mit der Geschichte, die wir gerade gehört haben und auf ganz besondere, wir können sagen: seelsorgerliche Weise. Es geht um die Frage, die seither wohl jeden schon einmal betroffen hat: warum können wir Jesus, den leibhaftig Auferstandenen nicht auch einmal sehen? – es wäre doch soviel einfacher zu glauben! Dieser Fragen nimmt sich nun der Evangelist in unserer Geschichte an:

Am Abend aber dieses ersten Tages der Woche, als die Jünger versammelt und die Türen verschlossen waren aus Furcht vor den Juden, kam Jesus und trat mitten unter sie und spricht zu ihnen: Friede sei mit euch!

Es war der Abend des Auferstehungstages, also des Sonntags und die Jünger waren „versammelt“ noch in Angst und Schrecken. Obgleich die Türen verschlossen sind, tritt Jesus unter sie. – sie sehen ihn und hören den Friedengruß, aber können es noch nicht fassen.

Und als er das gesagt hatte, zeigte er ihnen die Hände und seine Seite. Da wurden die Jünger froh, dass sie den Herrn sahen.

Er zeigt ihnen die Wundmale an den Händen und der Seite. Jetzt erst erkennen sie ihn und werden froh. Es ist Jesus, den sie sehen – aber er ist doch auch schon ein anderer!

Da sprach Jesus abermals zu ihnen: Friede sei mit euch! Wie mich der Vater gesandt hat, so sende ich euch. Und als er das gesagt hatte, blies er sie an und spricht zu ihnen: Nehmt hin den heiligen Geist! Welchen ihr die Sünden erlasst, denen sind sie erlassen; und welchen ihr sie behaltet, denen sind sie behalten.“

Hier wird etwas schwieriges deutlich – jawohl es ist der Jesus, den sie kannten, mit dem sie unterwegs waren, dem sie vertrauen, aber ER ist noch viel mehr als sie vormals je begriffen hatten. Als der Auferstandene schenkt ER ihnen den Heiligen Geist und gibt damit die Kraft Gottes weiter – die Jünger erhalten die Vollmacht, in SEINEM Namen die Sünden zu vergeben

Thomas aber, der Zwilling genannt wird, einer der Zwölf, war nicht bei ihnen, als Jesus kam. Da sagten die andern Jünger zu ihm: Wir haben den Herrn gesehen. Er aber sprach zu ihnen: Wenn ich nicht in seinen Händen die Nägelmale sehe und meinen Finger in die Nägelmale lege und meine Hand in seine Seite lege, kann ich’s nicht glauben.

Wir können das Thomas sicher nicht verdenken: Er hat IHN nicht gesehen, also kann er seine Auferstehung nicht glauben. Geht es uns nicht oft ähnlich: Da hören wir von Jesu Taten, wie er Wasser zu Wein gemacht hat, wie er auf dem See gewandelt ist, wie er Kranke geheilt und sogar Tote aus dem Grab gerufen hat … Und wir können es doch auch nicht glauben. Dann wünschen wir uns wohl auch, dass er vor uns hintritt und uns seine Hände und seine Seite zeigt, dass wir ihm glauben und vertrauen.

Und nach acht Tagen waren seine Jünger abermals drinnen versammelt, und Thomas war bei ihnen. Kommt Jesus, als die Türen verschlossen waren, und tritt mitten unter sie und spricht: Friede sei mit euch!

Ein allerletztes Mal tritt Christus unter seine Jünger. Nun ist es sein Friedensgruß, an dem sie ihn erkennen. Und sie werden es geahnt haben, warum der Herr noch einmal zu ihnen kommt: Es geht um eine ganz große Gnade, die er einem von ihnen erweisen will. Noch einmal, ein letztes Mal, offenbart sich der Herr in der Menschenwelt.

Danach spricht er zu Thomas: Reiche deinen Finger her und sieh meine Hände, und reiche deine Hand her und lege sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig! Thomas antwortete und sprach zu ihm: Mein Herr und mein Gott!

Diese Gnade, die Wundmale Jesu berühren zu dürfen, war dem Thomas wohl auch sehr peinlich. Vielleicht hat er gedacht: Warum habe ich denn den Worten meiner Freunde nicht vertraut? Oder: Warum konnte ich denn dem Herrn selbst nicht glauben; er hat es doch wieder und wieder gesagt, dass er sterben muss – und auch, dass er am dritten Tag auferstehen wird? Aber bei aller Beschäftigung mit den Gedanken des Thomas, bei allem Verständnis für seinen bisherigen Unglauben und aller Freude darüber, dass Christus ihn würdigt, dass er ihn noch einmal aufsucht …

Wir wollen auch die Worte wahrnehmen, die Thomas sagt, denn die sind ungeheuerlich und gehen weit über alles hinaus, was wir bisher in den anderen Evangelien und auch dem des Johannes haben lesen können:

„Mein Herr und mein Gott!“

Noch nie hatte Jesus irgendein Mensch mit „Gott“ angesprochen! Für jüdische Ohren und Herzen eine Unmöglichkeit! Vielleicht erinnern wir uns an das Bekenntnis des Petrus, als Jesus ihn fragt, für wen er ihn hält: „Du bist Christus, des lebendigen Gottes Sohn!“ Thomas aber geht noch weit darüber hinaus: Mein Herr und mein Gott! Und er sagt damit, du bist selbst Gott! Dieser Satz ist auch eine mögliche Erklärung, warum wir Jesus nicht mehr leibhaftig sehen können – denn Gott selbst ist zu groß, als dass wir es erfassen könnten.

Spricht Jesus zu ihm: Weil du mich gesehen hast, Thomas, darum glaubst du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

Hier wird sie nun beantwortet, die Frage, wie sie schon die ersten Christen gestellt haben, die Frage auch, die uns immer wieder einmal in den Sinn kommt, wenn wir meinen, es fiele uns doch der Glaube leichter, wenn wir Jesus selbst vor Augen hätten und sehen könnten. Und die Antwort überrascht uns vielleicht, denn sie lobt ausdrücklich die, deren Vertrauen zu Jesus Christus auf dem Glauben ruht, der keine äußerlichen Beweise braucht! Der Evangelist Johannes will den Christen damals, aber auch uns heute das Gefühl nehmen, wir wären durch den Abstand der Zeit oder durch die fehlende Begegnung mit dem Jesus des Evangeliums irgendwie im Nachteil. Einmal musste die Geschichte Gottes mit seinen Menschen in der konkreten Welt spielen. Einmal musste Jesus in dieser Welt geboren werden, seine Worte sagen, seinen Weg gehen und für alle Menschen leiden und sterben. Einmal musste Gottes Heilsplan Fleisch und die Erlösung seiner Menschen vollbracht werden. Das ist in den ersten 30 Jahren unserer Zeitrechnung gewesen. Seit der Himmelfahrt aber ist Jesus Christus dort, von wo er ausging: Beim Vater. Und deswegen gilt: Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!

EG 113 O Tod, wo ist dein Stachel nun?

Liebe Gemeinde,

bedauern wir nicht, was wir nicht haben. Klagen wir nicht, dass wir Jesus nicht mehr mit unseren Augen sehen dürfen. Freuen wir uns vielmehr daran, was wir haben: Gewiß: Er ist nicht mehr leibhaftig bei uns, wie wir es uns doch manchmal wünschen, aber ER ist immer unter uns, wenn wir in seinem Namen zusammenkommen. Und ja und selbst dann, wenn wir, wie im Augenblick nicht zusammenkommen dürfen aber dafür jeder für sich zuhause den Gottesdienst wahrnimmt – indem er sich die Predigt an der Kirchentür abgeholt hat und zuhause liest, oder über unsere Internetseite anhört. In seinem Geist hat uns Gott verbunden und gibt uns Kraft auch das Schwere zu tragen, denn darin daß wir IHN nun nicht mehr sehen und doch Glauben, sind wir selig. Und im Sinne des Grußes den der Auferstandene zu seinen Jüngern spricht wünsche ich nun Ihnen allen besonders für diese schwere Zeit:

Und der Friede Gottes, der höher ist als alle unsere Vernunft bewahre unsere Herzen und Sinne in Christus Jesus, AMEN

EG 170 Komm, Herr, segne uns und Orgelnachspiel

Liebe Besucher,

wir begrüßen Sie ganz herzlich im Namen der Evangelischen Kirchengemeinde Reiskirchen zu einer Andacht zu Passion und Ostern. Dieses Angebot wird in den kommenden Tagen noch erweitert. Zunächst können Sie in Abschnitten die von Pfr. Schaaf gesprochenen Texte verfolgen und auch mitlesen. Dazwischen erklingt passende Musik aus dem Evangelischen Gesangbuch mit Matthias Schulze (Gesang und Orgel). Wenn Sie wünschen, können Sie außerdem das Angebot an der Kirchentür wahrnehmen:

EG 114 Wach auf, mein Herz, die Nacht ist hin

Predigt für ein digitales Angebot zu Ostern 2021

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen. Matth 11,28f

Liebe Gemeinde!

Christus ist auferstanden – ER ist wahrhaftig auferstanden

So wollte ich Sie eigentlich am Ostermorgen in unserer Kirche begrüßen und nicht nur ich, sondern auch viele andere hatten sich in diesem Jahr schon ganz besonders darauf gefreut:

Endlich gehen die Zahlen der Infizierten herunter, so hatten wir noch vor gut zwei Wochen gedacht, endlich können wir wieder Gottesdienste feiern, immer noch eingeschränkt durch die Hygienevorschriften aber immerhin.

Und gerade Ostern – letztes Jahr hatten wir von der Pandemie überrascht schon darauf verzichten müssen, aber dieses Jahr da sollte Ostern auch im Blick auf die Pandemie ein besonderes Hoffnungszeichen sein.

Das Zurückweichen der Pandemie hätte so wunderbar zu unserem Osterruf gepaßt: Christus ist auferstanden – ER ist wahrhaftig auferstanden.

Doch nun ist es, zumindest im Blick auf unsere eingeschränkten Lebensverhältnisse, scheinbar doch noch nicht Ostern geworden. Wir hängen bildlich gesprochen eher noch im Karsamstag fest.

Zu einem Ruhehalten gezwungen, das manche Menschen schon zur Verzweiflung treibt. Seit Monaten schon keinen wirklich guten und entspannten Kontakt mehr zu anderen Menschen, Alle Begegnungen außerhalb der Familie nur noch mit Maske und Abstand.

Und dann noch diese Unsicherheit gegenüber allen anderen: wer kann mich infizieren, muß ich mich nicht vor jedem und jeder und überall in acht nehmen?

EG 98 Korn, das in die Erde

Gewiß läßt sich das, was wir im Augenblick erleben nicht wirklich mit dem vergleichen, was die Männer und Frauen um Jesus am Karfreitag erfahren mußten und am Karsamstag aushalten.

Aber wir waren nicht darauf vorbereitet, kaum jemand konnte und wollte es sich so vorstellen und so hat es uns hart getroffen, hat unser gewohntes Alltagsleben auseinandergerissen.

Besonders schwer für die Angehörigen der über 50tausend in Verbindung mit dieser Krankheit bislang gestorbenen, ja für alle, die in dieser Zeit einen Menschen verloren haben, weil es dann ganz oft hieß den Sterbenden nicht auf seinem letzten Weg begleiten können, weil die Krankenhäuser aus Sicherheitsgründen für Besucher verschlossen blieben…

Und schwer auch für all die, deren Existenz nun bedroht ist, die durch das Raster der staatlichen Unterstützung durchgefallen sind und nun wirtschaftlich am Ende…

Für all diese war und ist es dann doch so etwas, wie eine ganz persönliche Karfreitagserfahrung und die Weisheit, daß das Weizenkorn sterben muß, damit es vielfältig Frucht bringen kann, scheint ihnen in dieser Situation fast wie ein Hohn.

EG 95 Seht hin, er ist allein im Garten

Der Osterruf: – Christus ist auferstanden – er ist wahrhaftig auferstanden – gilt aber trotzdem auch gerade in diese Situation hinein, denn er ist von Menschen und für Menschen als erstes ausgerufen worden, die diese Erfahrung gemacht haben.

Die am Ende waren und nicht mehr ein noch aus wußten, die dachten, daß jetzt alles zu Ende ist – und die dann erfahren haben, aus Gottes Liebe und Barmherzigkeit ist für uns eine neue Tür aufgetan, wir können vorangehen und ein neues Leben finden.

In Christus hat Gott für uns nicht nur den Tod als letzten Feind, wie es die Bibel nennt, überwunden, sondern in IHM hat Gott uns auch ganz viel Hilfreiches an die Hand gegeben mit dem wir unser Leben nicht nur in guten Zeiten, sondern gerade auch in den schweren Krisen unseres Lebens gestalten können.

Mir ist dabei in den letzten Wochen ein Zuspruch Jesu besonders wichtig geworden:

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.

das ist ein Zuspruch, der uns in all den Sorgen und Nöten der vergangenen Monate anspricht.

Da sagt Gott uns zu, daß wir mit all dem was uns bedrängt zu ihm kommen dürfen und daß ER uns darin neue Kraft, neuen Mut geben will.

Es bedeutet nicht, daß all das, was uns bedrängt weggenommen würde – wir bleiben in dieser Welt, mit allem, was dazugehört, aber wir bekommen von Gott etwas an die Hand, was die ständige Müdigkeit und Hoffnungslosigkeit, die all das auslöst überwinden hilft.

Und damit werden wir Ruhe finden für unsere in Angst .und Not getriebenen Seelen, wenn wir denn von Jesus lernen.

EG 108 Mit Freuden zart

Nun sind Sanftmut und Demut, die wir von Jesus lernen sollen eine besonders schwere Übung für uns, die wir doch am liebsten alles, was uns jetzt bedrängt, lieber gestern als heute weghaben wollen.

Da steht uns eher das Herz danach auf die Regierung zu schimpfen, die seit einem Jahr immer noch nicht den Mut hat den sogenannten „Lock-Down“ konsequent durchzuhalten bis die Infiziertenzahlen wirklich unten sind …

Oder umgekehrt ebenso zu schimpfen, daß sie mit allen Reglementierungen unser Leben so sehr einschränkt, daß manche Berufszweige in ihrer Existenz gefährdet sind, oder eine geplante und für uns wichtige Feier nun nicht stattfinden kann.

Schimpfen über den, der im Supermarkt uns zu nahe kommt oder schimpfen über den, der von uns Abstand und Maske verlangt …
Durchaus nachvollziehbare Emotionen in der jeweiligen Situation.

Wenn ich dann noch sehe wie eine Demonstration der sich selbst Querdenker nennenden mit Gegendemonstranten zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führt, dann begreife ich, daß nur Sanftmut und Demut etwas zum Besseren wenden können.

EG 104 Singen wir heut mit einem Mund

Woher aber die Kraft nehmen für solche Demut und Sanftmut, wenn uns gefühlt das Wasser bis zum Halse steht? Die Antwort ist ganz einfach, aber für manche auch schwer zugleich.

Diese Kraft finden wir in unserem Glauben, unserem Vertrauen auf Gott, der am Kreuz auf Golgatha für unsere Schuld gestorben ist und am Ostermorgen, ebenso für uns, vom Tode auferstanden ist.

Die Gewißheit, daß Gott uns all das was wir selbst nicht recht getan haben vergibt und uns damit ein neues Leben schenkt, das auch über den Tod hinaus bestehen bleibt, diese Gewißheit will uns aufrichten auch in den schlimmsten Niederlagen und uns Kraft und Mut geben für den nächsten Schritt.

Diese nächsten Schritte haben wir jetzt gemeinsam zu suchen, wie wir verantwortungsvoll miteinander umgehen, um aus dieser Krise, in der so viele Schaden genommen haben, wieder heraus zu kommen.

Das wird uns nicht mit Schimpfen gelingen oder damit, die Schuld auf andere zu schieben, aber es wird gelingen, wenn wir im Umgang miteinander auf Sanftmut und Demut setzen, so wie es Jesus vorgelebt hat.

Auch diese Gewißheit gehört zu der Osterfreude in dem Ruf: Christus ist auferstanden – ER ist wahrhaftig auferstanden, denn unsere eigene Auferstehung beginnt nicht erst mit dem Tage unseres leiblichen Todes, sondern schon jetzt, heute und hier

EG 99 Christ ist erstanden

Wenn wir mit unseren Lasten vor Gott kommen, wenn wir uns mühen, nach seinem Vorbild in Sanftmut und Demut miteinander zu leben, dann wird uns Gott Ruhe finden lassen für unsere Seelen.

Uns aus der Kraft dieser Ruhe werden wir dann den richtigen Weg miteinander finden, so wie es Jesus uns anbietet und verspricht:

28 Kommt her zu mir, alle, die ihr mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.
29 Nehmt auf euch mein Joch und lernt von mir; denn ich bin sanftmütig und von Herzen demütig; so werdet ihr Ruhe finden für eure Seelen.
AMEN!

In diesen Sinne wünsche ich Ihnen allen ein frohes und gesegnetes Osterfest.

Pfarrer Bert Schaaf, Ev. Kirchengemeinde Reiskirchen

EG 115 Jesus lebt, mit ihm auch ich!

Osternacht 2020

Ostergrüße

von Pfr. Karg vor der Petruskirche: